Die Mittagssonne
brennt heiß und unerbittlich – bisher müssen aufwändige
Kühlsysteme Gebäude und technische Anlagen vor Überhitzung
schützen. Nun scheint eine ressour-censparende Alternative in Sicht:
Forscher haben ein raffiniertes Beschichtungsmaterial entwickelt,
das Objekte auch bei direkter Sonneneinstrahlung ohne Energie- und
Wasserverbrauch kühlen kann.
Bei der Entwicklung
des Teams um Yao Zhai von der University of Colorado in Boulder
handelt es sich um ein Metamaterial, das etwa so dünn ist wie eine
in der Küche verwendete Aluminiumfolie. Ähnlich wie diese kann sie
auch in Form von Rollen preiswert hergestellt werden, sagen die
Forscher. Auf Oberflächen aufgetragen, kann das Material die
darunter befindlichen Objekte kühlen, indem es einen Teil der
Sonnenenergie wirksam zurückstrahlt, während es gleichzeitig der
Oberfläche ermöglicht, Wärme in Form von Infrarotstrahlung
abzugeben.
Das Material nutzt
damit das Verfahren der sogenannten passiven Strahlungskühlung,
durch die Objekte auch natürlicherweise Wärme in Form von
Infrarotstrahlung abgeben, ohne Energie zu verbrauchen. Dies wird
bereits gezielt genutzt, um Strukturen nachts besser abzukühlen zu
lassen. Doch tagsüber galt dieses Verfahren als untauglich: Schon
eine geringe Menge direkt absorbierter Sonnenenergie reicht aus, um
den Effekt der passiven Abstrahlung ins Gegenteil zu kehren.
Die Herausforderung
für die Forscher war es also, ein Material zu erschaffen, das
doppelt effektiv ist: Es sollte ankommende Sonnenstrahlen zurück in
die Atmosphäre reflektieren und gleichzeitig Infrarotstrahlung
abgeben können. Um diese knifflige Herausforderung zu meistern,
bauten die Forscher Licht streuende, aber auch Infrarotstrahlung
abgebende Glasmikrokugeln in einen Polymerfilm ein. Diesem
Hybridmaterial fügten sie dann noch eine dünne Schicht Silber
hinzu, um ein maximales spektrales Reflexionsvermögen zu erreichen.
Großes Potenzial
Tests der Folie
zeigten: Sie vermittelte eine durchschnittliche
Strahlungs-Kühlleistung von mehr als 90 Watt pro Quadratmeter bei
direkter Sonnenbestrahlung. Wie die Forscher erklären, entspricht
dies einer Kühlleistung, für die normalerweise so viel elektrische
Energie nötig wäre, wie sie eine Solarzelle von ähnlicher Fläche
hervorbringen würde. "Nur 10 bis 20 Quadratmeter dieses
Materials auf dem Dach könnten im Sommer ein Einfamilienhaus gut
abkühlen", veranschaulicht Co-Autor Gang Tan von der University
of Wyoming in Laramie die Leistung.
Vor dem Hintergrund
des steigenden Energiebedarfs für Klimaanlagen in Zeiten des
Klimawandels wäre dies ein großer Gewinn. Doch es gibt auch weitere
Anwendungsmöglichkeiten, betonen die Entwickler: Ohne die
zusätzliche Silberschicht könnte das transparente Material
die Effizienz und Lebensdauer von Solarzellen verbessern. Denn bei
direktem Sonnenlicht können die Paneele überhitzen, was ihre
Fähigkeit einschränkt, Sonnenstrahlen in Strom umzuwandeln. "Durch
Anwendung dieses Materials auf der Oberfläche von Solarpanels
könnten zusätzliche ein bis zwei Prozent mehr Ausbeute erreicht
werden", sagt Yin. Auch weitere Möglichkeiten wollen die
Entwickler nun ausloten: Sie sehen Potenzial in der
Energiewirtschaft, der Luft- und Raumfahrt, der Landwirtschaft und in
vielen anderen Bereichen.
(c) Thomas Schanz
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